Geschichte des Lichtspielhauses

Ein Großstädtischer KinoPalast

Schramberg schaut in der ersten Liga.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Schramberg Kinovorführungen: einmal im Gasthaus Adler und zum anderen am Leibbrandplatz das „Kino National“. Das Lichtspielhaus errichtete die Firma Laupheimer Lichtspielbetriebe, eine Tochterfirma der Universal Pictures aus Hollywood, die der gebürtige Laupheimer Carl Laemmle gegründet hatte. Diese Kinobetreiberfirma hatte  das Kino im Adler gekauft, sich aber zum Neubau eines Kinos  auf einem unbebauten Grundstück am Paradiesplatz entschlossen. Nach einem Entwurf des (Kino-)Architekten Paul Darius bauten Schramberger Baufirmen in sehr kurzer Zeit das Kino im Stil der „neuen Sachlichkeit“. Etwa 550 Plätze hatte das Kino, so Herr. Es sei „sachlich, elegant und bietet eine ruhige Atmosphäre.“Darius hat weitere Kinos unter anderem in Mannheim, Heidelberg und Stuttgart gebaut und dabei Anregungen der Bauhaus-Architekten übernommen. Ähnliche Kinos fand Herr in Berlin, Ohio, und Tel Aviv. Sein Fazit: „Mit unserem Kino sind wir in der ersten Liga….“  Das ließ die Zuhörer im Gasthaus Rosengarten dann doch schmunzeln. Erstaunlich aber ist schon, dass ein Kleinstädtchen wie Schramberg mit damals etwa 10.000 Einwohnern einen großstädtischen Kinopalast erhielt.

Gymnasiast Robin Wußler, der im Stadtarchiv sein Berufspraktikum absolvierte, berichtete über den schwäbischen Filmmogul Carl Laemmle. Der war um 1884 als 17-jähriger aus Laupheim nach Amerika ausgewandert und hatte sich vom Laufburschen zum Filmproduzenten hochgearbeitet. 1910 gründete er die „Universal“, die es heute noch gibt.

Seine Firma produzierte Filme wie „Dracula“, aber 1930 auch den Anti-Kriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ nach dem Roman von Erich Maria Remarque. Dieser Film war heftig umstritten, auch in Schramberg, wo er wenige Tage vor der „Machtergreifung“ im Januar 1933 im „Lichtspielhaus“ zu sehen war. Während die SPD-Parteizeitung „Schwarzwälder Volkswacht“ (korrigiert, d.Red.) den Film positiv bewertete, attackierten die „Nazi-Blätter“  den Film des Juden Laemmle. Die Besprechung endete mit einer Drohung:  „Wir werden uns die Herrschaften, die den Film besuchen, genau merken.“  Dennoch erzielte „Im Westen nichts Neues“ auch in Schramberg einen Besucherrekord.

Auch der damalige Kinobetreiber Eugen Taubert, ein Sozialdemokrat, konnte sich nach 1933 nicht lange in Schramberg  halten und musste sein Kino an einen Rüdiger von Etzdorf verkaufen. Dieser verpachtete das Lichtspielhaus an Max Steib, dessen Sohn Alexander es bis 2005 betrieb. Steib starb im Dezember 2016 im Alter von 89 Jahren.

Zukunft des Lichtspielhauses

Am Tag nach dem Vortrag stand vor dem Lichtspielhaus ein Container. Die Familie Talmon-Gros, viele Jahre mit Alexander Steib befreundet, hat im Auftrag des Erbschaftsverwalters die privaten Akten und Unterlagen Steibs entsorgt. Die Erben, so Thomas Talmon-Gros, hätten sie gebeten, alles, was sie aus dem Haus und aus der Wohnung haben wollten, mit zu nehmen und den Rest zu entsorgen. So landeten zahlreiche Aktenordner mit Rechnungen und Unterlagen im Container. Einige Erinnerungsstücke, wie kleine Notizbüchlein, in denen Steib die in seinem Kino gezeigten Filme notiert hatte, sind erhalten geblieben.

Beim Rundgang durch das Gebäude ist deutlich zu erkennen, dass das Lichtspielhaus renovierungsbedürftig ist. An einigen Stellen ist das Dach undicht. Im Kinosaal fehlt ein Gutteil der Kinosessel, auf der Empore liegt Gerümpel. Ansonsten macht der Bau einen ordentlichen Eindruck. Interessant auch die Luftschutzkeller, in die man vom Foyer des Kinos gelangt.

In einem Verschlag unter einer Treppe hinter einem Wandschrank hätten sein Vater und Alexander Steib vor vielen Jahren einen Tresor entdeckt, erzählt Talmon-Gros.

Die beiden hätten vereinbart, den Inhalt zu teilen.  In mühevoller Arbeit  hätten sie den Tresor schließlich geknackt und fanden – ein großes Stück Kernsteife.

Was nun mit dem Lichtspielhaus geschehen soll? Stadtarchivar Carsten Kohlmann sieht in dem „nicht alltäglichen  Gebäude“ eine „einzigartige Verbindung von Weltkultur, Zeit- und Stadtgeschichte“. Auch er habe keine Antwort auf die Frage, wie das Lichtspielhaus genutzt werden kann. Die entscheidende Frage ist sowieso: Was planen die Erben? Nach Information der NRWZ sind es unter anderem Nichten und Neffen von Alexander Steib.